Lyme-Borreliose ist eine Multisystemerkrankung mit einer
äußerst vielgestaltigen Symptomatik. Haut, Augen, Nervensystem,
Herz und Gelenke können Krankheitszeichen aufweisen,
wobei die Haut das am häufigsten betroffene Organ darstellt.
Über das diagnostische Vorgehen bei der Dermatoborreliose
sprachen wir mit Univ.-Doz. Dr. Friedrich Breier, Lainz.
Welche Hautmanifestationen
können im Verlauf einer Lyme-
Borreliose auftreten?
F. Breier: Die häufigsten und auch
typischen Symptome für eine Borreliose
der Haut sind in der Frühphase
der Erkrankung das Erythema chronicum
migrans (Abb. 1+2), im weiteren
Verlauf das Borrelienlymphozytom
(Abb. 3) und als Spätmanifestation die
Acrodermatitis chronica atrophicans.
Wichtig ist jedoch zu erwähnen, dass
es eine große Zahl an Krankheitsbildern
gibt, die darüber hinaus auftreten
können. Das reicht von urtikariellen
Erythemen über Granuloma anulare
bis zu Lichen sclerosus et atrophicus
und Morphea. Obgleich es sich bei
Letzteren nur in Einzelfällen um
borrelienassoziierte
Hauterkrankungen
handelt, sollte doch – insbesondere bei
ungenügendem Therapieansprechen
zum Beispiel auf topische Kortikosteroide
–
auch an eine Borreliose
gedacht werden.
Wie gehen Sie diagnostisch vor?
F. Breier: Die typischen Hautmanifestationen
der Lyme-Borreliose sind
meist ohne Probleme klinisch diagnostizierbar.
Wichtig sind Fragen in
der Anamnese nach einem Zecken- oder
Insektenstich sowie nach der
Erkrankungsdauer. Bei Vorliegen eines
typischen Erythema migrans
kann ohne weitere Labordiagnostik
mit der Therapie begonnen werden.
Bei unklarer Symptomatik wird man
versuchen, den Borrelioseverdacht
zunächst mittels Antikörper- und in
der Folge eventuell auch mittels
Erregernachweis zu erhärten. Zu
Beginn einer Borreliose lassen sich
häufig IgM-Antikörper nachweisen,
im weiteren Verlauf IgG-Antikörper.
Wir wissen allerdings, dass nur bei
ca. 30% der Patienten mit einem
Erythema migrans eine positive Serologie
gefunden wird. Einer der
Gründe dürfte sein, dass die Therapie
einsetzt noch bevor sich Antikörper
gebildet haben oder die Antikörperspiegel
unter der Nachweisgrenze
des Testsystems liegen. Es empfiehlt
sich fallweise eine 2-Punkt-Serologie durchzuführen, wobei die Befunddynamik
Hinweise auf eine aktive
Borreliose liefern kann: Zum Beispiel,
wenn der zunächst seronegative
Patient bei der zweiten Untersuchung
seropositiv ist oder ein starker
Titeranstieg festgestellt wird. Der
beste Beweis für eine Borrelieninfektion
ist die Kultivierung der Borrelien
aus Hautbiopsien, was jedoch
aufwendig (lange Kulturdauer) und
Speziallabors vorbehalten ist. Schneller
ist der Nachweis von Borrelien-
DNA mittels PCR-Untersuchung
aus der läsionalen Haut.
Welcher Stellenwert kommt Ihrer
Meinung nach der Dermatopathologie
im Rahmen der Diagnostik einer
Lyme-Borreliose zu?
F. Breier: In der Frühphase der Erkrankung
wird die Diagnose einer
Lyme-Borreliose hauptsächlich auf
Grund des klinischen Bildes und der
Borrelienserologie gestellt. Mit Zunahme
der Erkrankungsdauer wird
jedoch die Biopsie immer wichtiger.
Insbesondere bei länger persistierenden
bzw. atypischen Manifestationen
stellt sie ein wertvolles Hilfsmittel
dar, um die klinische Diagnose zu
bestätigen oder mögliche Differenzialdiagnosen
auszuschließen. Klinisch
abzugrenzen von einer
Dermatoborreliose sind u.a.
mikrobielles Ekzem, Arzneimittelexanthem,
Epidermomykose
oder die Einzelmanifestation
eines kutanen
Lymphoms.
Welche histopathologischen
Charakteristika
weisen die typischen
Hautläsionen auf?
F. Breier: Histologisch
findet sich bei allen Hautmanifestationen
ein entzündliches
Infiltrat bestehend aus
Lymphozyten und einer unterschiedlichen
Zahl an zusätzlichen Plasmazellen
und Histiozyten. Die Intensität
des Infiltrates ist beim Erythema
migrans meist gering und
nimmt beim Borrelienlymphozytom
(Abb. 4) sehr stark zu. Die Acrodermatitis
chronica atrophicans weist im
Frühstadium zunächst ein ausgeprägtes
lymphozyten-plasmazellreiches
Entzündungsinfiltrat auf. Im weiteren
Verlauf kommt es zu einer
zunehmenden Atrophie der Epidermis
und einer Abnahme des Infiltrats.
Der Nachweis von Plasmazellen
im Infiltrat eines Granuloma
anulare bzw. einer Morphea kann
darauf hindeuten, dass eine Lyme-
Borreliose zugrunde liegt.
Was ist bei der histologischen
Diagnostik zu beachten?
F. Breier: Die Biopsie erfolgt in
Lokalanästhesie. Für die Durchführung
einer Histologie, Kultur bzw.
PCR-Untersuchung benötigt man
je ein Gewebestück von z.B. 4mm.
In den USA wurden in einzelnen
Studienprotokollen auch 2mm-
Biopsien für die PCR ohne Lokalanästhesie
entnommen.
Wir danken für das Gespräch.
Unser Interviewpartner:
Univ.-Doz. Dr. Friedrich Breier
Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten,
Krankenhaus Lainz
Wolkersbergenstraße 1
A-1130 Wien
de040416
Diesen Artikel ausdrucken